"Es war wahnsinnig aufregend!
May 10
Written By Philipp Werner
Mitra Kotte und das Wiener Jeunesse Orchester im Musikverein. Ein Gespräch über die Liebe und Treue zur Musik, Voraussetzungen für Erfolg und die Bedeutung des Moments.
12% pre-concert schlaflosigkeit /// 100% diszipliniertes üben /// 110% fulminanter auftritt
“Vergangenes Wochenende debütierte Mitra Kotte im Großen Saal des Musikvereins mit Schumanns Klavierkonzert unter tatkräftiger Unterstützung des Wiener Jeunesse Orchesters - ein bewegender Musiknachmittag für alle Anwesenden und ein künstlerischer Meilenstein für die aufstrebende österreichische Pianistin. Hochkonzentriert und dennoch ungezwungen hat sie dem Publikum einen wunderbar transparenten Einblick in die manchmal fast improvisatorisch anmutende Klangwelt des a-Moll-Konzerts eröffnet. Ein Werk, das auf den ersten Blick nicht besonders virtuos wirken mag, musikalisch aber ungemein viel bereithält (davon abgesehen, dass man das Hauptthema im 1. Satz einmal gehört nie wieder aus dem Kopf bekommt).
Mit ihrem äußerst eleganten Anschlag hat Mitra Kotte viele dieser Facetten berührend klar erkundet und das Publikum gerade in den intimen musikalischen Momenten in ihren Bann gezogen. Sichtlich begeistert waren auch die jungen Orchestermusiker*innen genauso wie ihr hochmotivierter Dirigent Jonathan Stockhammer, der fast ununterbrochen ein Lächeln im Gesicht trug. Am Tag der Arbeit hat sich Mitra Kotte Zeit genommen, über ihre Karriere zu sprechen und den Höhepunkt ihrer Auszeichnung als Jeunesse Featured Artist 2022/23 Revue passieren lassen.
„Die Liebe an der Musik ist Kriterium Nummer 1“
Strahlend und merklich entspannt kommt die 1995 in Österreich geborene Pianistin ins Café Prückel hereinspaziert und bestellt ein Soda Zitron, den Kaffee hat sie an diesem Vormittag schon hinter sich. Mit dem Kaffee ist es überhaupt so eine Sache: vor Konzerten für sie eigentlich ein No-Go und gleichzeitig vielleicht doch eine Versuchung, denn gerade vor so einem Auftritt wie im Musikverein fällt das Schlafen alles andere als leicht. Ihre Liebe zur Musik ist früh entstanden, ersten Klavierunterricht erhielt sie mit vier Jahren. Ohne diese Liebe könnte sie sich ihren Beruf nicht vorstellen. Einen Beruf, der für sie eiserne Disziplin und den Willen, Opfer zu bringen, voraussetzt.
Üben? So viel wie möglich, 6 bis 7 Stunden täglich auch (oder gerade) am Tag der Arbeit. Was sie am Klavier so fasziniert, ist die reiche Klangvielfalt und das riesige Repertoire. Besonders geprägt haben sie ihre Lehrer, ihr Auslandsjahr in Korea, von dem sie begeistert berichtet, diverse Meisterkurse sowie Wettbewerbe, durch die sie einen Anspruch auf Perfektion entwickelt und gelernt hat, mit extremen Drucksituationen umzugehen. Prägend ist aber auch das Konzertieren selbst: Mitra Kotte geht es bei ihren Auftritten um den musikalischen Moment, sie betritt die Bühne, um Musik mit Menschen zu teilen, damit diese mit einem Erlebnis nach Hause gehen, zurückblicken und sagen „Schön war’s“. Bei ihrem Konzert im Musikverein ist ihr das glänzend gelungen.
Steps to Success
Was sind die Voraussetzungen für Erfolg im heutigen Musikgeschäft? Eine Frage, die schwer zu beantworten ist, nicht zuletzt, weil die dahinterstehenden Mechanismen doch eher intransparent sind, wie Mitra Kotte findet. Die Frage müsste ja eigentlich lauten, in welcher Kategorie man Erfolg haben will, ob man Social-Media -Star werden oder nicht doch mit den Wiener Philharmonikern spielen will. Für sie ist klar: es gilt, der Musik treu zu bleiben und das Publikum zu bewegen. Eine Stunde üben und den Rest der Zeit Konzertveranstalter*innen anschreiben und Musikvideos drehen, das würde nicht reichen. Das Erreichen eines immer höheren Niveaus und die künstlerische Weiterentwicklung müssen im Mittelpunkt bleiben, auch wenn die Vermarktung irgendwann eine Notwendigkeit darstelle. Einen Druck, sich zu verstellen, spürt sie nicht. Die Zukunft der klassischen Musikszene sieht die junge Pianistin etwa mit Blick auf die asiatische Konzertkultur positiv. Dennoch sollten Zugangsbarrieren gerade in Europa weiter abgebaut werden. Mehr junge Menschen ins Konzert zu bringen, kann nur ein Prozess sein.
Im Musikverein
Erstes Mal Musikverein, erstes Mal Schumann Konzert plus Live-Aufnahme. Kein Wunder, dass man da aufgeregt ist. Und unglaublich wichtig für junge Künstler*innen, die dadurch lernen, mit Drucksituationen umzugehen und auf der Bühne vor Nervosität nicht einzugehen, findet Mitra Kotte. Ihre eigene Aufregung führt sie weniger auf die Publikumszahl zurück, sondern auf die Aura des Musikvereins und ihren Anspruch auf Bestleistung. Wichtig für sie ist, Werke nicht einfach runterzuspielen, sondern im Moment zu musizieren. Etwas, was man durch Erfahrung auch erst lernen muss. Spannend war auch, sich auf die akustischen Gegebenheiten in einem so großen Saal wie dem im Musikverein einzustellen. Rückblickend ist sie sehr froh, dass es dann doch viele Proben gegeben hat. Die Arbeit mit dem Orchester und dem Dirigenten hat ihr sehr gefallen - im Konzert konnte man die gegenseitige Sympathie schwer übersehen/überhören.
Auf ihre Erfahrungen aus den Konzerten als Jeunesse Featured Artist 2022/23 blickt sie überhaupt sehr positiv zurück: etwa ihr Klavierabend im Ehrbar-Saal, der auch im Radio ausgestrahlt wurde oder die vielen anderen Formate, die sie dieses Jahr schon erkundet hat - Projekte mit Lesungen u.a. mit Erwin Steinhauer oder Kinderkonzerte, bei denen sie schätzungsweise 400 Babys kennengelernt hat. Eines ihrer pianistischen Vorbilder: Murray Perahia, dessen Aufnahme vom Schumann Konzert sie uns genauso wie die von Martha Argerich wärmstens empfiehlt. Ihr liebster Ausgleich zum Klavierspielen: Freunde (neben Schlafen). Ihr momentaner Lieblingskomponist: Schubert oder Schumann. Letzterem hat sie bei ihrem Konzert jedenfalls alle Ehre gemacht (Zugabe übrigens: Nr. 14 aus Schumanns Davidsbündlertänzen op. 6).
Wer Mitra Kottes Auftritt im Musikverein verpasst hat, der/die sollte sich unbedingt Zeit nehmen für die Aufnahme des Konzerts im Radio: zu hören am 23.5. um 19:30 Uhr in Das Ö1 Konzert. Dass Musik immer schon Teil von Mitra Kottes Alltag war und auch geblieben ist, empfindet sie als großes Glück und ist sehr dankbar dafür. Wir auch.” (Philipp Werner, 10.5.2023, bohema)
Mitra Kotte ist Featured Artist der Jeunesse 22/23!
Eigentlich sollte sie als Kind Geige lernen, doch dann kam Mitra Kotte das Klavier dazwischen. Als »Featured Artist 2022 | 23 « spielt die erfolgreiche Wiener Pianistin u. a. in der neuen Reihe »Mit Baby ins Konzert« für junge Eltern und ihre Babys.
»Musikerin zu sein ist ein wunderschöner Beruf«, sagt Mitra Kotte im Jeunesse-Interview, »aber er ist oft auch sehr schwierig und hart. Das funktioniert nur, wenn man die Musik und seinen Beruf wirklich liebt.« Weil Mitra mit vier Jahren eigentlich noch zu klein für das Geigenspiel war, schlug ihr die Lehrerin vor, zuerst am Klavier die Noten zu erlernen. »Das war’s dann mit meiner Geigenkarriere «, lacht Mitra, denn das Klavier ließ das kleine Mädchen nicht mehr los. »Als Kind war mein Zugang zum Üben immer sehr spielerisch, Musik gehörte einfach zu meinem Alltag dazu. Später konnte ich mir nicht mehr vorstellen, nicht Klavier zu spielen – und so entstand der Traum, Pianistin zu werden.«
Es folgte die Ausbildung an der Wiener Musikuniversität, inklusive zweier Auslandssemester an der Korea National University of Arts in Seoul; »da habe ich einen komplett neuen Zugang zur Musik bekommen «. Mittlerweile ist Mitra Kotte vielfache Preisträgerin internationaler Wettbewerbe, u. a. beim Internationalen Klavierwettbewerb Ettlingen und bei der Zhuhai International Mozart Competition for Young Musicians. Als »Featured Artist 2022 | 23« spielt sie in Wien einen Soloabend mit Musik von Bach, Schubert und Liszts Sonate h-Moll – »Alles Herzensstücke!« – sowie mit dem Wiener Jeunesse Orchester das Klavierkonzert von Robert Schumann, dessen »Leidenschaft, Lebendigkeit, aber auch Dunkelheit« sie schon als Jugendliche berührt haben. Besonders freut sich Mitra Kotte auf ihre Projekte für junges Publikum, mit Cinello für Kinder ab 1 Jahr und in der neuen Reihe Mit Baby ins Konzert. In den Bundesländern ist sie solistisch und gemeinsam mit dem »Featured Artist 2019 | 20«, dem Geiger Benjamin Herzl, auf Tournee.
Interview im ARTE Journal: Musik und Corona https://www.arte.tv/de/videos/098231-000-A/musik-und-corona-klavierunterricht-via-instagram/
Interview im Podcast FreakCasters: Menschen, Geschichten und Leidenschaften: https://freakcasters.simplecast.com/episodes/folge-4-pianistin-mitra-kotte-ich-wurde-mich-schon-als-musikfreak-bezeichnen-uFCmf88O
“….es ist schon bemerkenswert, wie diese junge Pianistin es versteht, einem Stück genau das zu geben, wonach es zu verlangen scheint. Mozart einen kernigen selbstbewussten Ton und viel Spielfreude (bei den Duport-Variationen noch eine gehörige Portion kecken Humors); Schubert ein tiefes Verständnis für das, was sich bei diesem Komponisten - vor allem harmonisch - an Ungeheuerlichem abspielt.”
-Die Presse, Austria
“Im Dezember begeisterte Mitra Kotte mit Mozart und Schubert im Zyklus Tasten Lauf im Gläsernen Saal. Nicht zuletzt aufgrund dieses Erfolges wurde sie vom Lisztfestival eingeladen und konnte auch dort überzeugen. Wir gratulieren der jungen Pianistin und wünschen ihr auf ihrem weiteren Weg viel Erfolg.”
-Musikverein Facebook, Austria
“Ihre Leidenschaft für Klavier zeigte auch Nachwuchspianistin Mitra Kotte, die ebenfalls mit einer grandiosen Darbietung das Publikum beeindruckte.”
-Lisztfestival Raiding, Austria
“Wunderbar, wie die besondere Pianistin Kotte ebensolche Erzählkunst im Romantiker walten ließ: mit welcher Zauberkraft sich die Linie der Dichtkunst über Chopins As-Dur Ballade op.47 ergoss - diese Meisterschaft konnte beinahe logisch allein durch die drängenden Verse der packenden f-Moll Ballade op.52 perfektioniert werden.........”
-Mag. Daniel Wagner, Internationale Chopingesellschaft Wien, Austria
" Ebenfalls ein Hochgenuss: das tiefempfundene Brahms-Intermezzi von Mitra Kotte.”
-Michael Grundmeier, Bueckeburg, Germany